Laura Gallati, Klavier — Morton Feldman: For Bunita Marcus,
Galina Ustvolskaya: 6. Klaviersonate
Stille ist mein Ersatz für Kontrapunkt (M. Feldman)
Zwei Werke aus der gleichen Zeit, wenn auch aus Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Werke des US New Yorkers Morton Feldman (1926 – 1987) sind fast alle provokativ lang und provokativ sehr leise. Der statische Eindruck des Klavierwerks “For Bunita Marcus” täuscht – er wird permanent infrage gestellt durch dauernde minimalste Veränderungen in Rhytmus und Tonlagen. Kern, Motiv und Unruheherd der abendländischen Musik ist obsolet geworden: Kein Dualismus mehr von Vorwärtsdrängen und Beruhigen, nur noch das Oszillieren von scheinbar Gleichbleibendem: Schweigen als Verweigerung gegenüber Zuvielgesagtem.
Auch die russischen Komponistin Galina Ustvolskaya (1919 – 2006) verliert kein Wort und keinen Ton zuviel. Sie schleudert ihre Klänge ins All – am extremsten in der sechsten, der letzten Klaviersonate. Unter Handkantenschlägen und Fäusten entstehen Klangballungen, die sich ostinat wiederholen, Anrufungen gleich. Galina Ustvolskayas Musik ist im Wortsinn unvergleichlich, Zeugnisse von Verzweiflung über Antwortlosigkeit des schweigenden Universums. Ein Werk, das abgründig, absolut, asketisch, bedrohlich, bohrend und unbeugsam ist. Morton Feldman und Galina Ustvolskaya stecken die beiden Pole des Schweigens ab, das Insichhineinsprechen und das Aussichherausschreien
Trauermusiken sind beide.